Traumhaus

Sehr geehrter Herr Uhlig,

vielen Dank für Ihre Mail, sie wurde zuständigkeitshalber an mich weitergeleitet.
Sie haben im Zusammenhang mit dem Bau der Wohnungen, die im ersten Angang als Flüchtlingsunterbringung und in der Folge als regulärer Wohnraum genutzt werden sollen, eine Menge von Fragen und Forderungen sowie ein Alternativkonzept aufgestellt. Ich habe derzeit nicht die zeitlichen Kapazitäten um alle Aspekte ausführlich zu bewerten. Ich werde aber auf die Kernfragen eingehen.

In der Tat ist es so, dass wir als Stadt, aber insbesondere auch als Senat und regierungstragende Fraktionen vor der großen Herausforderung stehen, sehr viele Menschen in Hamburg menschenwürdig aufzunehmen. Ich möchte diese enorme Herausforderung auch deutlich machen. Wir müssen bis Ende 2015 etwa 48.750 Menschen aufnehmen, im Jahr 2016 kann man - nach derzeitigen Stand - mit etwa weiteren 31.000 Personen rechnen. Das bedeutet, dass wir voraussichtlich Ende des Jahres 2016 knapp 80.000 (!) Flüchtlinge in Hamburg aufnehmen und menschenwürdig unterbringen müssen. Um das plastisch zu machen: Das entspricht etwa der Einwohnerzahl der Stadt Flensburg. Dies zu bewältigen, wird der Verwaltung, aber auch der Stadt und den Bewohnern einiges abverlangen. Dies gilt umso mehr, insofern die Zeitspanne in der diese Menschen zu uns kommen, sehr kurz ist und wir deswegen sehr schnell und entschlossen handeln müssen. Deswegen erlaube ich mir einen Hinweis auf Ihren Text unten zu geben: Die Fakten schaffen de facto nicht wir, die werden durch den täglichen Zustrom der Menschen geschaffen.

Ich nehme an, dass wir uns sehr einig sind, dass viele der Unterkünfte die aktuell geschaffen werden, keine adäquaten Unterkünfte für die Flüchtlinge darstellen (Zelte, Baumärkte etc.) und diese - gerade um auch Integration gewährleisten zu können - schnellstmöglich durch festen Wohnraum ersetzt werden müssen. Zudem sind wir in Hamburg auch in einer ganz anderen Lage als in vielen anderen Bundesländern. Wir haben keine kleinteilige Siedlungsstruktur, wir haben keinen Leerstand, wir haben keine leeren Bundeswehrliegenschaften, die wir einfach so nutzen können. Deswegen gibt es nur einen Ausweg: Wir müssen sehr schnell sehr viel Wohnraum schaffen, um die Lage bewältigen zu können. Im Übrigen gilt: Wir suchen uns das nicht aus, wir sind dazu auch rechtlich verpflichtet. Wir haben als Bundesland keine Möglichkeit Flüchtlinge mit Verweis auf fehlende Unterbringungskapazitäten abzulehnen. 

Die Stadt prüft für die Schaffung entsprechender Unterbringungskapazitäten alle in Betracht kommenden Flächen. Derzeit befinden sich rund 100 (!) Flächen zeitgleich in der Eignungsprüfung. Dabei haben wir jedoch noch nicht mal die  für die Errichtung der bis Endes des Jahres 2015 erforderlichen Flächen in ausreichender Zahl identifizieren können. Deswegen ist es zur Zeit aus meiner Sicht nicht möglich Abstriche an den bisherigen Planungen zu machen. Auch in der Sache bin ich nicht der Meinung, dass es ein maximales Verhältnis zwischen Hamburger Einwohnern und Flüchtlingen gibt, weil sich nämlich daran einerseits die aus meiner Sicht die zumindest kurzfristig nur schwer zu realisierende Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge widerspiegelt, und andererseits diese Feststellung natürlich die faktisch nicht beantwortbare Frage provoziert, was denn nun diese Grenze eigentlich sein soll. 

Das erstmal vorweg.
Ihre Anmerkungen beziehen sich auf einzelne Flächen wie bspw. Hafencity und den Billebogen. Sie haben vollkommen recht, da wird gebaut, da werden auch Sozialwohnungen gebaut, die auch an Menschen unterschiedlicher Herkünfte vergeben werden, und dort sind sicherlich auch vormals Geflüchtete dabei.
Die Grundstücke sind schon verkauft und werden gemäß der Planungen bebaut. Wir können nicht mitten im Verfahren die Eigentümer enteignen und die Gebäude an fördern & wohnen übergeben, zudem müssen auch Wohnungen für alle HamburgerInnen gebaut werden. Dies bedeutet nicht, dass dort keine Geflüchteten untergebracht werden bzw. untergebracht werden sollen. Wir bauen an allen möglichen Stellen in Hamburg – so viel es eben geht. Der Billebogen hat insgesamt eine zeitliche Perspektive von 20 Jahren. Viele Flächen sind noch nicht entwicklungsreif und benötigen noch Zeit. Viele Flächen sind zudem entweder nur für Gewerbe/ Industrie vorgesehen – wie hauptsächlich der Billebogen mit der kürzlich gegründeten neuen Entwicklungsgesellschaft. Auf der Hauptfläche, dem ehemaligen Huckepackbahnhof sollen mehrgeschossige Gewerbebauten für Arbeitsplätze. So ist auch ihr Vorschlag südlich der B5 zu bewerten. Dies ist Industriegebiet und soll auch als Raum für Arbeitsplätze erhalten bleiben. Die Deckelung de B5 ist vielleicht wünschenswert, aber nicht finanzierbar und angesichts der Zuständigkeit des Bundes auch wohl nicht zulässig. Der Deckel auf der A7 hat im Übrigen 25 Jahren gebraucht, und kann auch nur finanziert werden, weil die A7 verbreitert wird und ein neuer Lärmschutz von Nöten ist, der zum Großteil vom Bund bezahlt wird.

Zu ihrer Fläche in Öjendorf. Wie oben beschrieben kann dort mit den neuen Rechtsmöglichkeiten schnell gebaut werden, was an anderen Stellen so nicht möglich ist. Die Anzahl von 250 Wohnungen ist erheblich niedriger als in anderen Bezirken wo z.T. 400 bis 800 Wohneinheiten für Geflüchtete gebaut werden. Die Belegung mit Flüchtlingen wird nur TEMPORÄR sein und so schnell umgesteuert werden wie möglich - wenn wir weiteren Wohnungsbau in Hamburg an vielen anderen Stellen machen. Dann werden die Wohnungen als normale Sozialwohnungen an alle HamburgerInnen vergeben.
Dies ist keine Großsiedlung und schon gar kein Ghetto. In Ojendorf werden keine 4000 bis 5000 Menschen untergebracht, sondern bei 250 Wohnungen mit einer Belegung von 5 Menschen pro Wohnung im Durchschnitt sind es gerade mal 1250. Und vor allem sind dies Menschen die schon in der Folgeunterbringung wohnen und eine Bleibeperspektive haben und sich schon in Integrationsmaßnahmen befinden. Ein Ghetto wird nur zum Ghetto, wenn die anderen Bewohner der Umgebung davor stehen und nicht hineingehen um mit den Menschen zu reden, sondern sagen „iih, was ein Ghetto“. Wir bauen dort normale Wohnungen in guter Qualität vielfach mit Backstein und gestaltetem Außenräumen. Wir werden allerhand flankierenden Maßnahmen, wie bspw. Kita, Schulversorgung, Quartiersmanagement uvm. umsetzen, damit eben keine Konfliktlagen entstehen. Nur weil ein Mensch aus Syrien kommt, heißt es noch lange nicht das dieser Mensch ein Problem darstellt. Helfen sie ihm sich zurecht zu finden, das er ankommt und als Mensch behandelt wird – und nicht als Störfaktor.
Nur weil jemand irgendwo anders herkommt ist er kein Problem – im Übrigen kommt meine Familie wohl aus Dithmarschen und vorher aus Polen und viele meiner Familienmitglieder kommen aus Frankreich, Brasilien, Polen, Ungarn, Türkei, uvm. – sind sie deshalb ein Problem? Was sagt es schon aus wenn man ein „Mensch mit Migrationshintergrund“ ist? In Zeiten der Globalisierung – nichts.
Mit freundlichen Grüßen

Christian Trede

P Bitte denken Sie an die Umwelt, bevor Sie diese Mail ausdrucken!!

GRÜNE-Bürgerschaftsfraktion Hamburg
Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Christian Trede
Referent für Stadtentwicklung & Wohnen
Burchardstraße 21
20095 Hamburg
fon    +49.40. 32873 201
fax    +49.40. 42791 0244


Sehr geehrter Herr Trede! 

Herzlichen Dank für Ihre Antwort. Die Fakten werden durch die eifrige Unterstützungsbereitschaft der Waffenlobby und der amerikanischer Politik, seitens unserer Regierung geschaffen. Kriege produzieren Flüchtlinge!

Die Bundesrepublik hat im Laufe des Jahres die Flüchtlingsprognose monatlich um Hunderttausende nach oben korrigiert, wer soll bei der aktuellen Lage darauf vertrauen, dass es für Hamburg im kommenden Jahr „nur“ 31.000 Flüchtlinge werden? 80.000 Flüchtlinge bis Ende 2016 sind dramatisch, aber ebenso unglaubwürdig. Und was wird dann als Nächstes bebaut? Der Justizsenator von Hamburg, Till Steffen (B90/GRÜNE), sagte im ZDF Interview am 11.12.15, der Straftatbestand des illegalen Aufenthalts reicht aus, damit diese Menschen Deutschland wieder verlassen. Demnach bitte geltendes Recht umsetzen und nach oben treten, nicht immer nur nach unten! Auch wenn es humanitär gesehen eine noble Einstellung ist, allen Menschen denen es schlecht geht, helfen zu wollen, so darf man sich der Naturgesetze nicht verweigern und muss sich eingestehen, dass es überläuft, wenn das Fass voll ist. Was, wenn morgen alle Chinesen denen es wirtschaftlich schlecht geht, an der Deutschen Grenze stehen? Wenn wir schnellere, aber dennoch faire Asylverfahren hätten, dazu noch Politiker, welche nicht täglich unsere Gesetze brechen, könnten wir uns problemlos, erfolgreich und schnell, ohne dabei benötigte Grünflächen zu zerstören, um die Kriegsflüchtlinge kümmern. Wenn man dann noch den Kriegstreibern und der Waffenlobby die Rote Karte zeigt, humanitäre Hilfe vor Ort leistet, dann könnte man unseren Politikern auch wieder Vertrauen schenken. Aber genug der großen Politik, zurück nach Hamburg und zurück zum Öjendorfer Park.

Wenn Sie unseren Alternativplan genau gelesen haben, dann wissen Sie, dass wir uns sehr einig sind was die menschenunwürdige Unterbringung, insbesondere zu dieser Jahreszeit, angeht. Die flächenmäßige Lage von Hamburg muss man nicht zwingend als nachteilig sehen. Nachteilig ist diese nur, wenn man die Chance der Bevölkerungsdichte nicht für eine gelingende Integration nutzt! Wir müssen schnell und viel Wohnraum schaffen, aber wir müssen auch auf Nachhaltigkeit achten und sind auch den nachfolgenden Generationen verpflichtet.

Wenn die rechtliche Verpflichtung über den Naturgesetzen steht, dann können wir uns ja alle entspannt zurücklehnen? Im Übrigen, wie schnell Gesetze und Verpflichtungen geändert und abgeschafft werden können, das hat uns unsere Politik in den letzten Monaten deutlich genug veranschaulicht. Um nur zwei Beispiele zu nennen, die neuen Rechtsmöglichkeiten zur Bebauung, welche Sie weiter unten in Ihrer Ausführung ansprechen und Dublin III. Einerseits wird täglich Recht gebrochen, andererseits werden rechtliche Verpflichtungen, welche Brennpunkte schaffen, als Maß aller Dinge genommen. Für die Bürger und Steuerzahler ist das reinster Hohn!   

Die Diskussion einer Obergrenze müsste vermutlich nicht geführt werden, wenn die Politik die angesprochenen Dinge aus Absatz 1 und 2 beherzigen und geltendes Recht anwenden würde, anstatt alles auf die eigene Bevölkerung abzuwälzen.

Dass wirklich alle Flächen im großgebiet Hafencity verkauft und verplant sind, ist eine Aussage, die durch die uns fehlende Einsicht, angezweifelt werden darf. Ein Deckel auf der B5 ist zweifelsfrei sehr kostenintensiv, allerdings stellt sich die Frage, kann man echte Nachhaltigkeit und Grün- / Flächenzuwachs, wirklich finanziell bemessen? Und nebenbei erwähnt, wer sich eine Elbphilharmonie leisten kann, der kann auch vom Bund, welcher sich einen BER leistet, Mittel für echte Nachhaltigkeit freisetzen und Zuschüsse vom Bund fordern. Zuständigkeiten können, auch zeitweise, übertragen werden. Wo ein Wille ist…

In Ihrem letzten Absatz finden Sie schon jetzt die Schuldigen, sollte es zu dem befürchteten Ghetto kommen. Nach Ihrer Ansicht ist demnach nur der Bürger schuld und nicht die Politik. Wenn ich also einen Nichtschwimmer ins Wasser schupse und dieser ertrinkt, dann bin nicht ich daran schuld, sondern das Wasser? So jedenfalls versteht man es nach Ihrer Logik. Auch Ihr letzter Abschnitt mit dem Hinweis, dass wir Menschen aus Syrien möglicherweise als Problem sehen, ist eine sehr unterschwellige Unterstellung. Wie Sie in unserem Alternativplan gelesen haben, haben gut 70% der Anwohner in der Neubausiedlung Haferblöcken, einen Migrationshintergrund. Ihr Hinweis mit dem Unterton „Fremdenfeindlichkeit“ ist demnach mehr als überflüssig und verfehlt! Zu den Zahlen und der Bebauung: Wenn Sie auf diese Fläche 550 Wohneinheiten setzen wollen, wo sollen die Schulen und die Kitas gebaut werden? Wenn Sie kein Ghetto wollen, dann sind 550 WE auf dieser Fläche zu viel, denn um ein Ghetto zu verhindern, muss auch ausreichend Freizeit- und Begegnungsfläche zur Verfügung stehen. Hier ist an Spielplätze, an Sportmöglichkeiten, aber auch an Restaurants und kleine Geschäfte zu denken. Sie wollen zuerst 250 WE bauen und mit Flüchtlingen belegen. Danach erfolgt eine Zwangsumsiedelung in die anderen Wohneinheiten, wenn diese fertig sind? Sie wollen 250 WE mit durchschnittlich 5 Flüchtlingen belegen, aber gleichzeitig kein Ghetto schaffen. Haben Sie mal versucht sich nachts zu sonnen? Einheimische Familien“ mit Kindern“ sind im Durchschnitt 3,5 Personen groß und mit den derzeit restlichen 300 WE kommen Sie demnach auf 1.050 Einheimische, gegenüber 1.250 Flüchtlingen. Rechnen wir die Eltern raus und stellen nur die Anzahl der Kinder gegenüber, so kommen Sie auf 250 x 3 = 750 zu 300 x 1,5 = 450. Erkennen Sie die jetzt schon gescheiterte Integration und die Schaffung eines neuen Ghettos? Wenn Sie es wirklich vernünftig umsetzen wollen, dann muss die Gesamtwohnungszahl reduziert werden und eine Belegung von 1/3 Flüchtlingsfamilien zu 2/3 Einheimische Familien erfolgen, mindestens! Beispielsweise 450 WE, davon 150 WE für Flüchtlingsfamilien und 300 WE für einheimische Familien. Macht bei den Kindern 150 x 3 = 450 zu 300 x 1,5 = 450. Bei den Kindern kommen Sie auf 50%, was für eine gelingende Integration bereits als sehr grenzwertig anzusehen ist. Die Belegung MUSS von Anfang an gemischt erfolgen und darf nicht, Flüchtlingsfamilien gleicher Herkunft nebeneinander ansiedeln. Planen Sie anders und darüber hinaus, so verwehren Sie sich bitte nicht dem Begriff „Ghetto“ und geben Sie nicht den Anwohnern die Schuld, wenn diese dieses Ghetto nicht betreten wollen! Bei dieser Belegung kommen Sie auf 900 Kinder in der angedachten Siedlung. Die bestehende Neubausiedlung mit ca. 220 WE und einer Belegung mit einheimischen Familien (Deutsche und integrierte Migranten, welche leider auch die niedrige Kinderrate integriert haben), zählt, ausgegangen von 1,5 Kindern pro Familie,  330 Kinder. Wenn man die Hälfte der Kinder als Schulpflichtig rechnet, benötigen Sie 900 + 330 = 1.230 : 2 = 615 Schulplätze und 615 Kita-Plätze. Hierbei habe ich noch nicht die neuen Häuser am Fuchsbergredder eingerechnet! Haben Sie diese Plätze?  

Zum Schluss möchte ich noch auf unsere Einladung zum „Runden Tisch“ hinweisen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen.
Michael Uhlig